Wissen rund um die Praxis, Digitalisierung

Apps auf Rezept - so funktioniert es

Die Neuerungen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) und die Ausführungen in der zugehörigen Digitalen Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) machen es seit Ende 2020 möglich, Apps auf Rezept zu verschreiben. Für Praxen und Ärzte stellen sich dabei gleich mehrere Fragen: Wie läuft das konkret ab? Welche Apps gibt es aktuell? Und wie sieht es mit der Sicherheit sowie der Anwendung aus? Dieser Beitrag hat alle wichtigen Informationen zusammengestellt – für Praxis-Management und Ärzte.

Gesund­heits­anwen­dungen als App müssen wie andere Medikamente auch einen positiven, nach­weis­baren Effekt auf die Gesund­heit der Patienten haben, um auf Rezept ver­schrieben werden zu können. Sie werden daher vom Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zugelassen. Nach erfolgreicher (oder vorläufiger) Ge­nehmigung werden sie in das offizielle DiGA-Verzeichnis über­nommen.

Apps können auch vorläufig aufgenommen werden, bis deren Wirksamkeit eindeutig fest­steht. Sie sind dann im Ver­zeichnis als „Vor­läufig auf­genommen“ gekenn­zeichnet und werden nach einem Jahr erneut vom BfArM überprüft. Danach er­halten sie entweder die Be­zeichnung „Dauer­haft auf­ge­nommen“ oder werden aus dem DiGA-Ver­zeichnis entfernt.

Aktuell erhältliche digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Mitte 2021 gab es 15 verschiedene Apps zu folgenden Themen (in Klammern steht der ICD-10-Code)

  • CANKADO PRO-React Onco – Bösartige Neubildung der Brustdrüse (C50, Webanwendung)
  • deprexis – Depressive Episode und rezidivierende depressive Störung (F32 und F33, Webanwendung)
  • elevida – Multiple Sklerose (G35, Web­anwendung)
  • Invirto – Soziale Phobie, Agoraphobie, Panik­störung (F40 und F41)
  • Kalmeda – Tinnitus aurium (H93.1)
  • M-sense Migräne – Migräne (G43)
  • Mika – Bösartige Neubildung d. Cervix uteri, Uterus, Ovar (C53, C55 und C56)
  • Mindable – Panikstörung und Agoraphobie (F40 und F41)
  • Rehappy – Schlag­anfall (G45, I60, I61)
  • Selfapys Online-Kurs bei Depression – Depression (F32.x, Web­anwendung)
  • somnio – Schlaf­störung (F51.0)
  • velibra – Soziale Phobie, Agoraphobie, Panik­störung (F40 und F41, Web­anwendung)
  • Vivira – Arthrose in Rücken, Knie und Hüfte (M16.x)
  • vorvida – Alkoholabusus (F10, Webanwendung)
  • zanadio – Adipositas (Übergewicht, E66)

Etwa ein Drittel sind reine Web­anwendungen, können also in jedem Web­browser ver­wendet werden (auch auf einem Smart­phone), die anderen sind Apps für iOS (Apple) und Android. Insgesamt wurden seit Start im Mai 2020 insgesamt 52 An­träge auf Auf­nahme ins Ver­zeichnis gestellt, ein Antrag wurde ab­gelehnt, 18 wurden zurück­gezogen, 23 befinden sich aktuell in Be­arbeitung.

Prozess der Ver­schreibung und An­wendung einer DiGA

Ein Arzt kann eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) wie ein Medikament unter Angabe der Pharmazentralnummer verschreiben. Dazu ist (wie bei der Dosierung eines normalen Medikaments) eine DiGA-Verordnungseinheit mit der passenden Pharmazentralnummer (PZN) der App einzutragen. Das kann zum Beispiel ein bestimmtes DiGA-Modul für einen bestimmten Zeitraum sein. Die wesentlichen verordnungsrelevanten Informationen stellt das Praxisverwaltungssystem (PVS) bereit (wenn das noch nicht der Fall ist, muss man sich an den Hersteller wenden). Weitere praxisrelevante Informationen finden sich auch im DiGA-Verzeichnis, wenn man sich die Details zu einer DiGA anzeigen lässt.

Das Rezept lässt sich – wie bei anderen Medikamenten auch – über das Praxisverwaltungssystem ausstellen und auf Papier drucken. Ab 2022 wird dies auch digital per eRezept möglich sein.

Das ausgedruckte Rezept für die spezifische DiGA reicht der Patient bei seiner Krankenkasse ein. Nach einer Prüfung erhält er einen Freischaltcode, den die Krankenkasse für ihn generiert. Neben dem Code wird die Krankenkasse auch weitere Informationen weitergeben, wie zum Beispiel den Download-Link der App oder eine Kontaktadresse des Herstellers, wenn etwa für die Anwendung der App weitere Hardware nötig ist.

Je nachdem, ob die DiGA eine Webanwendung oder eine App ist, kann sich der Patient nach Erhalt des Codes die App aus einem App­Store herunterladen und die App freischalten oder sich im Web mit dem Code anmelden. Die Verordnung der App-Anwendung ist auf maximal 90 Tage begrenzt.
Am Ende des verordneten Nutzungszeitraums sollten sich Arzt und Patient darüber austauschen, welchen Nutzen die Anwendung der App hatte und ob eine Fortsetzung sinnvoll erscheint (die dann erneut per Rezept verordnet werden kann). Um Unterbrechungen bei der Nutzung zu vermeiden, sollte der Arzt bedenken, dass der Patient die Rechnung einreichen und auf die Zusendung des Freischaltcodes warten muss – was einige Tage dauern kann.

Gesetzliche Vorgaben für DiGAs

Da die DiGAs unter Umständen sehr sensible Daten von Patienten erfassen und verarbeiten, hat der Gesetzgeber den Entwicklern und Anbietern von digitalen Gesundheitsanwendungen im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und ausführlich in der Digitalen Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) klare Vorgaben gemacht, die unter anderem vom Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft werden.

Sollten Patienten unsicher beim Einsatz einer An­wendung sein, weil sie Angst um ihre Daten haben oder negative Ein­flüsse auf ihre Gesundheit befürchten, kann die folgende Liste dazu dienen, das not­wendige Ver­trauen in eine App her­zustellen.

Anbieter von DiGAs sind ver­pflichtet,

  • personenbezogene Daten nur nach expliziter Einwilligung des Versicherten zu verarbeiten.
  • alle gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes und die Anforderungen an die Datensicherheit nach Stand der Technik zu gewährleisten.
  • Daten nur für den bestimmungsmäßigen Gebrauch der DiGA zu verarbeiten (Ausnahmen: Erprobung von Apps und (nach weiterer, expliziter Freigabe) zur Weiterentwicklung der App).
  • eine Gebrauchsanweisung nach den geltenden medizinprodukterechtlichen Vorschriften mitzuliefern.
  • die Quellen für die umgesetzten Verfahren und Inhalte zu dokumentieren.
  • sicherzustellen, dass die von digitalen Gesundheitsanwendungen verwendeten medizinischen Inhalte dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
  • positive Effekte der Anwendung zu belegen.
  • Angaben zu Voraussetzungen und Ausschlusskriterien einer Anwendung anzugeben.
  • die Standorte der Datenverarbeitung zu dokumentieren.
  • die Anwendung so zu gestalten, dass sie leicht und barrierefrei zu bedienen und robust gegen Störungen und Fehlbedienungen ist.
  • die Anwendungen werbefrei anzubieten.

 

Alternative Gesundheitsanwendungen

Natürlich gibt es neben den offiziellen DiGAs in den App­Stores der ver­schiedenen Platt­formen (iOS, Android) noch viele weitere Apps mit Bezug auf Gesund­heit und Fitness. Für Ärzte und Psycho­therapeuten hat die Web­site www.kvappradar.de mehr als 3.400 Gesund­heits-­Apps katalogisiert. Diese lassen sich zwar nicht auf Rezept ver­schreiben, können aber bei Bedarf den eigenen Patienten empfohlen werden.

Fazit

Mit den digitalen Gesundheitsanwendungen können Ärzte das Selbstmanagement und die Eigeninitiative der Patienten fördern und die Heilung unterstützen. Das Verordnen der Apps ist für die Praxis und den Arzt so einfach wie das Verschreiben eines normalen Medikaments. Der Gesetzgeber hat die Messlatte für Entwickler sehr hoch gelegt, um eine größtmögliche Sicherheit für Patienten zu gewährleisten. Die Vielzahl der in Prüfung befindlichen Apps dürfte den Katalog von DiGAs schnell wachsen lassen. Es lohnt sich also, regelmäßig zu schauen, welche neuen Anwendungen hinzugekommen sind.

 

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

 

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