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Atemwegserkrankungen durch RSV auf dem Vormarsch

Das Robert Koch-Institut (RKI) verzeichnete in den letzten Wochen einen rasanten Anstieg akuter Atemwegserkrankungen. Laut RKI-Bericht liegen die Werte aktuell sogar über dem Niveau der Vorjahre zum Höhepunkt schwerer Grippewellen. Neben Influenza- und Coronaviren tritt dabei ein weiteres Virus in den Mittelpunkt: das Respiratorische Synzytial-Virus – kurz RSV. Es führt besonders bei Babys und Kleinkindern zu teils schweren klinischen Verläufen und macht nicht selten eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Durch die rasante Verbreitung bringt es aktuell viele Kinderkliniken an die Grenze ihrer Kapazitäten und lässt Mediziner besorgt auf die Versorgung erkrankter Kinder blicken.

RSV: Symptome variieren stark

Beim RS-Virus handelt es sich um ein weltweit verbreitetes RNA-Virus, welches die Schleimhäute der oberen und unteren Atemwege befällt. Die Infektion erfolgt zyklisch – meist zwischen November und April. Die Symptome der Infektion reichen von einer einfachen Atemwegserkrankung mit Halsschmerzen, trockenem Husten, Schnupfen und leichtem Fieber bis hin zu schweren Lungenentzündungen mit Kurzatmigkeit, Atemnot und hochgradig beeinträchtigtem Allgemeinzustand. Symptomatisch ähnelt es somit in vielerlei Hinsicht einer COVID-19-Infektion. Ein deutlicher Unterschied besteht jedoch in der Altersverteilung: Während COVID-19 häufiger bei Erwachsenen zu schweren Infektionen führt, treten RSV-Infektionen in besonderem Maße bei Säuglingen und Kindern auf.

Babys und Kleinkinder besonders betroffen

Während die Infektion bei Erwachsenen und älteren Kindern meist mild und unkompliziert verläuft, kann sie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern zu teils schweren Verläufen mit stationärem Krankenhausaufenthalt führen. Frühgeborene Babys sind eine besondere Risikogruppe, weil bei ihnen durch die nicht abgeschlossene Lungenentwicklung die Gefahr von Atemwegskomplikationen erhöht ist. Ebenso erhöht ein angeborener Herzfehler oder Immundefekt das Risiko für eine schwere Erkrankung. In diesen Fällen kann die Infektion sogar tödlich verlaufen. Studien zeigten, dass unter den Kindern, die aufgrund einer RSV-Infektion hospitalisiert werden mussten, ca. 1 % der erkrankten Frühgeborenen und mehr als 5 % der Kinder mit einem angeborenen Herzfehler starben. Die derzeitige RSV-Infektionswelle wird zudem durch einen weiteren Parameter verschärft: die Corona-Pandemie. Laut RKI haben normalerweise 50 bis 70 % der Kinder im ersten Lebensjahr eine RSV-Infektion durchgemacht; innerhalb der ersten zwei Lebensjahre sogar nahezu alle Kinder. Durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Isolations- und Hygienemaßnahmen hatte aber das Immunsystem der ein – bis zweijährigen Kinder bislang häufig keinerlei Kontakt mit dem RS-Virus. Diese Infektionen werden jetzt „nachgeholt“, was die aktuell hohen Fallzahlen mitbegründet.

Kinderkliniken am Limit

Die steigenden Infektionszahlen mit RSV führen dazu, dass in vielen Bundesländern Kinderkliniken keine freien Bettenkapazitäten mehr für erkrankte Kinder haben. Laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) ist die Lage auf den Kinderintensivstationen derzeit „katastrophal“. Die hohe Anzahl an RSV-Infektionen in Kombination mit fehlendem bzw. ebenfalls erkranktem Pflegepersonal und einem schon seit längerer Zeit bestehenden Bettenmangel auf Kinderintensivstationen könne dazu führen, dass die adäquate Versorgung erkrankter Kinder in Kinderkliniken in naher Zukunft nicht mehr sichergestellt ist. Mediziner fordern ein schnelles Handeln der Bundesregierung, damit alle Kinder angemessen medizinisch versorgt werden können.

Diagnostik und Therapie

Für den Nachweis einer RSV-Infektion empfiehlt sich der Genomnachweis mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR), da diese Methode sehr spezifisch, schnell und hochsensitiv ist. Der Erregernachweis erfolgt hierbei aus respiratorischen Sekreten wie z. B. Nasenrachenabstrichen, Spülwasser oder Aspirationen aus dem Nasen-Rachen-Raum. Diese Direktnachweise, wie auch differentialdiagnostische Nachweise anderer Atemwegserreger, sind Leistungsbestandteil der gesetzlichen Krankenversicherungen und zudem budgetbefreit. Eine kausale Therapie der RSV-Infektion gibt es nicht. Behandlungen erfolgen deshalb rein symptomatisch. Die wichtigsten Maßnahmen sind das Befeuchten und Freihalten der Atemwege. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Inhalation mit Kochsalzlösung, Nasentropfen und ggf. die Gabe fiebersenkender Substanzen sind Mittel der Wahl. Schwer erkrankte Kinder können im Rahmen eines stationären Aufenthalts zudem die Gabe von zusätzlichem Sauerstoff benötigen. Ein Impfstoff gegen das RS-Virus existiert bis jetzt nicht. Für besonders gefährdete Säuglinge und Kleinkinder gibt es jedoch, gemäß den Vorgaben der entsprechenden Leitlinie, die Möglichkeit einer präventiven monatlichen Gabe von monoklonalen Antikörpern während der RSV-Saison. Diese Immunglobuline verhindern eine Infektion zwar nicht vollständig, reduzieren aber signifikant die RSV-bedingte Hospitalisierungsrate sowie die Hospitalisierungsdauer. Sollte es zu einer labordiagnostisch gesicherten RSV-Durchbruchsinfektion gekommen sein, kann die begonnene Antikörpergabe gemäß Leitlinie bei diesen Kindern beendet werden. Daneben sollte man vor allem mit Säuglingen und Kindern aus Risikogruppen Kontakte reduzieren, die allgemeinen Hygieneregeln beachten und die Exposition gegenüber Rauch vermeiden.

Fazit

Die Kombination von normaler jährlicher Grippewelle, Corona-Pandemie und einer ungewöhnlich starken RSV-Infektionswelle stellt das Gesundheitssystem momentan vor große Herausforderungen. Besonders Säuglinge und Kleinkinder entwickeln eine teils schwere Atemwegssymptomatik, die eine stationäre Behandlung erforderlich macht. Dies führt aktuell zu einer mitunter dramatischen Überlastung der Kinderkliniken, wodurch die verlässliche Versorgung erkrankter Kinder stellenweise nicht mehr sichergestellt ist.

Referenzen:

  1. Robert Koch Institut, Arbeitsgemeinschaft Influenza: ARE-Wochenbericht; zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  2. Robert Koch Institut, RKI-Ratgeber: Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV);  zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  3. rbb-online: Krank durch RS-Virus (RSV): Symptome, Diagnose, Therapie;  zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  4. Apotheken-Umschau: Atemwegsinfekte: RSV gefährdet Babys; zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  5. NDR: RS-Virus: Welche Symptome verursacht die Atemwegsinfektion?; zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  6. Tagesschau: Starke Zunahme akuter Atemwegserkrankungen;  zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  7. Divi: Aktuelles: Viele Kinderkliniken wegen Atemwegsinfektionen am Limit; zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  8. NDR: RSV: „Kinder sterben, weil wir sie nicht mehr versorgen können.“; zuletzt abgerufen am 09.12.2022
  9. S2k-Leitlinie: Leitlinie zur Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern, Aktualisierung 2017/2018; zuletzt abgerufen am 09.12.2022

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

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