Pharmakogenetik

Pharmakogenetik - Genetik der Medikamentenverstoffwechslung


Die Pharmakogenetik untersucht den spezifischen Einfluss genetischer Merkmale auf die Verstoffwechslung von Medikamenten im menschlichen Körper. Insbesondere Eiweiße, sog. Enzyme, der Cytochrom P450 Familie (u.a. CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6) stellen einen Schlüsselfaktor für die erste Phase der Medikamenten-Verstoffwechslung dar. Genetische Varianten in diesen Genen können zu einer Steigerung oder Reduktion der Verstoffwechslung von Medikamenten führen.
Das Wissen über den individuellen Metabolisierungstyp hilft Medikamentennebenwirkungen zu reduzieren, Therapieeffekte zu verbessern und die Therapie-Akzeptanz zu steigern.1,2 
 

Welche Metabolisierungstypen werden unterschieden? 

Normaler Metabolismus (80-100% Enzymaktivität; sog. Normal Metabolizer)
Entspricht der durchschnittlichen Stoffwechselrate des Enzyms mit der Referenz-Gensequenz (sog. Wildtyp). 

Gesteigerter Metabolismus (>100% Enzymaktivität; sog. Extensive Metabolizer und Ultra-Rapid Metabolizer)
Erhöhte oder stark erhöhte Enzymaktivität. Dadurch wird der Medikamentenwirkspiegel und damit das therapeutische Fenster nicht oder nur unzureichend erreicht.

Herabgesetzter Metabolismus (10-50% Enzymaktivität; sog. Intermediate Metabolizer)
Verringerte Enzymaktivität. Dadurch können erhöhte Medikamentenkonzentrationen auftreten und/oder das Risiko für Nebenwirkungen erhöht sein. 

Langsamer Metabolismus (0-10% Enzymaktivität; sog. Slow Metabolizer)
Stark reduzierte Enzymaktivität. Dadurch können deutlich erhöhte Medikamentenspiegel und starke Therapienebenwirkungen (Toxizität) auftreten. 

Das Wichtigste der Pharmakogenetik auf einen Blick

  • Medikamenten-Dosisanpassungen können schneller und effektiver erfolgen (z.B. Antidepressiva).
     
  • Die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen durch toxische Wirkstoffkonzentrationen wird verringert (z.B. Chemotherapie). 
     
  • Das Wissen über den individuellen Metabolisierungstyp hilft Therapieresistenzen aufzuklären.
     
  • Kosten für die Behandlung werden ggf. reduziert (z.B. durch den Entfall von mehrmaligen Wirkstoffspiegelbestimmungen aus dem Blut).

 

 

 

 

 

 

 

 

Wann ist eine pharmakogenetische Untersuchung sinnvoll?

Wann ist eine pharmakogenetische Untersuchung zwingend erforderlich?

In diesen Fällen bitte unbedingt die medizinische Indikation auf dem Überweisungsschein angeben, damit eine Abrechnung über die gesetzliche Krankenkasse gemäß EBM-Katalog möglich ist. 

Anwendungsbeispiele für spezifische Fachbereiche

OnkologieUntersuchung von Enzymen, die am Metabolismus von Chemotherapeutika beteiligt sind:

 

PsychiatrieEinsatz zur Optimierung der Behandlung von Depressionen und Angststörungen:

 

KardiologieAnpassung der Dosierung von Antikoagulantien, z. B. Warfarin oder Clopidogrel:

 

GastroenterologieAnpassung der Behandlung mit Protonenpumpenhemmern (PPIs) wie z.B. Pantoprazol oder Omeprazol:

Ziel der pharmakogenetischen Testung ist es, die optimale Wirkstoffeinstellung rascher zu erreichen und Therapienebenwirkungen zu reduzieren. 

Abrechnungshinweise 

Die pharmakogenetische Diagnostik wird bis auf wenige Ausnahmen bisher nicht im EBM abgebildet. Deshalb erfolgt die Abrechnung in den meisten Fällen direkt mit dem Einsender oder mit den Patienten als Selbstzahlerleistung (IGeL). Hierüber sollten die Patienten von den behandelnden Ärzten aufgeklärt werden.

Eine Abrechnung über den EBM-Katalog ist ausschließlich für folgende Indikationen möglich (Stand Dezember 2024):

In den o.g. Fällen muss die medizinische Indikation unbedingt auf dem Überweisungsschein angeben werden, damit eine Abrechnung über die gesetzliche Krankenkasse gemäß EBM-Katalog möglich ist.

Abrechnungsziffern EBM Ziffer EBM Preis GOÄ Ziffern 1 x GOÄ
(IGeL)
1,15 x GOÄ 
(Privat) 
Pharmakogenetik (PGx)-Genpanel Keine Kostenübernahme durch die GKV Keine Kostenübernahme durch die GKV 3920, 8 x 3922, 3925 € 320,55 € 368,63
CYP2D6-Genotypisierung 32865 (ausschl. vor Behandlung mit Inhibitoren der Glukozerebrosid-Synthetase bei M. Gaucher Typ 1) € 308,50 3920, 5 x 3922, 3925 € 233,13 € 268,10
CYP2C9-Genotypisierung 32866 (ausschl. vor Behandlung mit Siponimod) €   82,00 3920, 3 x 3922, 3925 € 174,85 € 201,08
DPYD-Genotypisierung 32867 (ausschl. vor Behandlung mit 5-Fluoruracil oder dessen Vorstufen) € 120,00 3920, 3922, 3924 € 116,58 € 134,06
UGT1A1-Genotypisierung 32868 (ausschl. vor systemischer Therapie mit einem irinotecanhaltigen Arzneimittel) €   50,00 3920, 3922, 3925, 3926 € 233,14 € 268,12
CYP2C19-Genotypisierung 32869 (ausschl. vor Behandlung mit Mavacamten) €   82,00 3920, 3 x 3922, 3925 € 174,85 € 201,08

 

Pharmakogenetische Leistungen anfordern

Anforderungsschein: Pharmokogenetik (PGx)
Probenmaterial: 2,5 mL EDTA-Vollblut    
Probentransport: Standardtransport    
Methode: MassARRAY-Assay / Agena BIOSCIENCE
 

Unbedingt das Gendiagnostikgesetz beachten
In Deutschland ist bei Anforderung von genetischen Analysen der Keimbahn das Gendiagnostikgesetz (GenDG) zu beachten.11
 

FAQs

Kann ich als Patient:in selbst eine pharmakogenetische Analyse in Auftrag geben?

Falls Sie eine pharmakogenetische Analyse wünschen, müssen Sie dies mit einem Arzt oder einer Ärztin besprechen, da Sie über die möglichen Konsequenzen der Untersuchung aufklärt werden müssen. Dies ist in dem in Deutschland gültigen Gendiagnostikgesetz (GenDG) festgeschrieben. 

Für wen eignet sich die Pharmakogenetik-Panelanalyse?

Die pharmakogenetische Panelanalyse eignet sich für Patienten:innen, die mit mehreren Medikamenten behandelt werden, welche über unterschiedliche Enzyme verstoffwechselt werden (z.B. Patienten:Innen in psychiatrischer Behandlung).  
 

Was beinhaltet die Pharmakogenetik-Panelanalyse? 

Im Rahmen der Pharmakogenetik-Panelanalyse werden die relevanten Genotypen für CYP2D6 (inkl. Copy number variation), CYP2C9, CYP2C19, CYP2B6, CYP1A2, CYP3A4, CYP3A5, VKORC1, OPRM1 und SLCO1B1 untersucht. Die Partnerfirma SONOGEN interpretiert die genetischen Daten und erstellt das pharmakogenetische Profil. Folgende Marker erfüllen die Evidenzkriterien und nur zu diesen können qualifizierte Therapieempfehlungen gegeben werden: CYP2D6, CYP2C9, CYP2C19, CYP3A4, CYP3A5, CYP2B6, SLCO1B1, VKORC1.
Zudem erhalten die Patienten einen Pharmakogenetik-Ausweis. Für präzise Therapieempfehlungen ist es wichtig, dass Medikamente, die eingenommen werden, auf dem Anforderungsschein aufgeführt werden.

Wie lange dauert es, bis die Ergebnisse der pharmakogenetischen Untersuchung vorliegen?

Die Dauer der Analyse vom Eingang der Probe in unserem Labor bis zum Versand der Ergebnisse dauert ca. 2 Wochen. Die Ergebnisse werden postalisch ausschließlich an den anfordernden Arzt/die anfordernde Ärztin verschickt. Eine direkte Übermittlung der Ergebnisse an die Patienten ist aufgrund des Gendiagnostikgesetzes nicht möglich.

Werden die Kosten zu pharmakogenetischen Analysen von den Krankenkassen übernommen.

Die pharmakogenetische Diagnostik wird bis auf wenige Ausnahmen bisher nicht im EBM abgebildet. Deshalb erfolgt die Abrechnung in den meisten Fällen direkt mit dem Einsender oder mit den Patienten als Selbstzahlerleistung (IGeL). Hierüber sollten die Patienten von den behandelnden Ärzten aufgeklärt werden. Siehe auch den Punkt „Abrechnungshinweise“.
 

 

 

Ihr Ansprechpartner

Dr. med. Jens Köhler Abteilungsleitung für Molekulare Endokrinologie und Tumordiagnostik Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie +49 6221 658883 molendokrinologie@labor-limbach.de

 

 

Quellenhinweise

1Swen, et al. “A 12-gene pharmacogenetic panel to prevent adverse drug reactions: an open-label, multicentre, controlled, cluster-randomised crossover implementation study.” The Lancet, Volume 401, Issue 10374, 347 - 356
2Ji, et al. „Preemptive Pharmacogenomic Testing for Precision Medicine: A Comprehensive Analysis of Five Actionable Pharmacogenomic Genes Using Next-Generation DNA Sequencing and a Customized CYP2D6 Genotyping Cascade.“ J Mol Diagn. 2016. 
3https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2024/rhb-5-fluorouracil.pdf?__blob=publicationFile
4S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom Version 2.1 (2019)
5https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2021/rhb-irinotecan.
6Goetz, et al.  “Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium (CPIC) Guideline for CYP2D6 and Tamoxifen Therapy.” Clin Pharmacol Ther. 2018 May;103(5):770-777. 
7Bousman, et al. “Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium (CPIC) Guideline for CYP2D6, CYP2C19, CYP2B6, SLC6A4, and HTR2A Genotypes and Serotonin Reuptake Inhibitor Antidepressants.” Clin Pharmacol Ther. 2023 Jul;114(1):51-68.
8Johnson, et al. “Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium (CPIC) Guideline for Pharmacogenetics-Guided Warfarin Dosing: 2017 Update.” Clin Pharmacol Ther. 2017 Sep;102(3):397-404.
9Lee, et al. “Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium Guideline for CYP2C19 Genotype and Clopidogrel Therapy: 2022 Update.” Clin Pharmacol Ther. 2022 Nov;112(5):959-967. 
10Lima, et al. „Clinical Pharmacogenetics ImplementationConsortium (CPIC) Guideline for CYP2C19 and Proton Pump Inhibitor Dosing.” Clin Pharmacol Ther. 2021 Jun;109(6):1417-1423. 
11Link zum Gendiagnostikgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/gendg/index.html

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